Band 3: Begriff und Wesen des Völkischen

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Die Verbreitung, Beachtung und den zunehmenden Einfluss, die der völkische Gedanke – und nach 1918 in Deutschland auch die völkische Bewegung – erlangte, veranlasste Oskar Stillich seit 1924/25 dazu, das Wesen der von ihren Trägern vertretenen Ideologie zu erforschen und zu beleuchten. Als Ziel seines Bemühens schwebte ihm ein zehn Bände umfassender „Deutschvölkische Katechismus“ vor. Bis 1933 hat er davon drei Werke publiziert. Die Abhandlung über die „Deutschvölkische Religion“ ließ sich, obwohl druckfertig, infolge der NS-Machtergreifung nicht mehr veröffentlichen.

Stillich ging es darum, einen Beitrag zur deutschen Geistesverfassung zu liefern und charakteristische Tatsachen für die Mentalität völkisch eingestellter Schichten vor Augen zu führen. Seine Motivation beruhte, wie er selbst betont, nicht auf Ressentiments gegen den „völkischen Komplex“. Vielmehr verfolgte er den Zweck, zum kritischen Nachdenken über eine Richtung anzuregen, die den Anspruch erhob, dass allein von der praktischen Durchführung ihrer Ideen die Rettung Deutschlands und dessen künftiges Schicksal abhingen.

Als Grundlage seiner Untersuchung diente Stillich in erster Linie die völkische Literatur selbst sowie die Ausführungen der Führer (Bartels, Claß, Chamberlain, Dinter, Goebbels, Günther, Hitler, Ludendorff, Mahraun, Schäfer, Wulle und andere). Verwertet sind zudem die wichtigsten völkischen Zeitschriften, ebenso zahlreiche Zeitungen der verschiedenen Richtungen. Des Weiteren hat er vertrauliche und nicht vertrauliche Briefe herangezogen, soweit sie für die Charakterisierung des völkischen Wesens von Bedeutung sind. Hinzukommen Parlamentsberichte, Denkschriften, Gerichtsverhandlungen und -urteile sowie eine Reihe von Geheimdokumenten. Aus der Zusammenstellung ergibt sich ein Bild des völkischen Charakters in Deutschland, wie es bis dahin und heute in dieser Vollständigkeit und Schärfe noch nie gezeichnet worden ist.

Der Band „Begriff und Wesen des Völkischen“ liefert hierzu zahlreiche Belege. Und er verdeutlicht, in welchem Ausmaß das Denken und die Haltung allzu vieler Deutscher von völkischen Ideen offenbar weiterhin beherrscht ist. „Die Quintessenz des Völkischen“, schreibt Stillich, liegt … in der Betonung des eigenen Volkstums und des damit verbundenen nationalen Bewusstseins auf der einen, in der Ablehnung des Fremden und dem Widerwillen, ja dem Kampf gegen die moderne Entwicklung des Volkes und des Staates auf der anderen Seite … Das Fremde wird gering geschätzt und verachtet. Es steht gleichsam unter Pari.“

Die Wiederveröffentlichung ist mit einem Apparat versehen, der u.a. auch Auskunft über den Werdegang der behandelten Personen nach 1933 Auskunft gibt, was weitere erstaunliche Einsichten zutage fördert.

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