Brief von Helmut Donat an Marina Weisband

Sehr geehrte Frau Weisband,

ich schätze Ihr Engagement für die Ukraine im gegenwärtigen Krieg sehr. Und jedes Verbrechen, dass während des Krieges oder unter seinem Deckmantel geschieht, ist an den Pranger zu stellen. Die Täter sind anzuklagen und zu verurteilen.

Doch sind Sie in der ZDF-Sendung von Maybritt Illner am 21. April 2022 m.E. zu weit gegangen. Indem Sie von einem „Völkermord“ in der Ukraine sprachen, haben Sie die Grenzen der Verhältnismäßigkeit überschritten und damit objektiv einer Haltung, die Begriffe in einem kriegspropagandistischen Sinne instrumentalisiert, das Wort geredet. Ähnlich wie der ukrainische Präsident W. Selenskij legen Sie damit u.a. nahe, dass wir es mit Geschehnissen zu tun haben, die dem Völkermord an den Armeniern im Ersten sowie den Juden, Sinti und Roma etc. im Zweiten Weltkrieg entsprächen. Ich empfinde das als, unangemessen, unredlich und (wie gesagt) unverhältnismäßig. Wenn Sie die systematische Ausrottung von Christen, Juden, Sinti und Roma mit den gegenwärtigen Ereignissen in der Ukraine auch nur annähernd auf eine Stufe stellen, verharmlosen Sie damit z.B. das Massaker von Babyn Jar, wo Ende September 1941 in 2-3 Tagen über 37000 Juden ermordet worden sind – übrigens unter Beteiligung der ukrainischen Hilfspolizei. Es gereicht Ihnen wohl kaum zur Ehre, wenn Sie sich als deutsche Politikerin ukrainischer Herkunft solch historisch unhaltbarer Vergleiche bedienen. Wollen und werden Sie weiter von einem „Völkermord“ reden? Ich bitte um eine Erklärung und Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,

Helmut Donat-Freiherr von Bothmer

Im Anhang finden Sie zu Ihrer Information, was unter „Völkermord“ im juristisch-historischen Sinne zu verstehen ist, entnommen dem in meinem Verlag erschienenen Buch von Till Zimmermann und Nikolas Dörr, Gesichter des Bösen – Verbrechen und Verbrecher des 20. Jahrhunderts. Mit einem Gleitwort von Heribert Prantl (= Schriftenreihe Geschichte & Frieden, Bd. 34). Bremen 2015, S. 31 f. – Till Zimmermann war u.a. tätig beim Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag.

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